Pristina: Kaum angekommen, schon mitten in Europa

European Union Office Kosovo

Ankunft in Pristina

Es ist kurz vor 13 Uhr, als der Flieger den Flughafen Pristinas erreicht. Eigentlich hat die Recherche schon bei Abflug in Wien begonnen, denn die Menschen Kosovos haben viel zu erzählen und wollen zeigen, dass ihr Land kein Nebenschauplatz, sondern ein wichtiger Bestandteil Europas ist. Mehrmals frage ich mich und die anderen, ob meine Recherche vom Kosovo-Konflikt und den vielen Emotionen rund um diesen geprägt sein wird, ob es das sein wird, was die Menschen hier am meisten beschäftigt. Jedes Mal ist die Antwort klar: Nein, du wirst sehen, das gehört zu uns, aber wir streiten nicht, das tun nur jene, die nie hier waren, nicht hier aufgewachsen sind und lieber streiten als verstehen.

Erste Eindrücke am Flughafen

„Soll also all das, was ich zuhause über dieses Land gehört habe, verzerrt gewesen sein?“, frage ich mich und versuche, am dicht gedrängten Flughafen ein Taxi zu ergattern. Kaum drinnen, die nächste Überraschung: Man spricht hier neben Englisch auch Deutsch, zumindest Alban, der Lenker des Taxis. Er erzählt mir, dass die Menschen hier unbedingt Europäer sein wollen und bereit sind, dafür zu lernen. Nicht nur Sprache, sondern auch Kultur. Er spricht Deutsch, sein Kollege Italienisch, jeder versucht aber des Englischen mächtig zu sein, und tatsächlich, Sprachbarrieren hatte ich bislang so gut wie keine.

Das Brüssel Kosovos

Es soll ein kurzer Tag werden, so richtig los geht es erst morgen, und dennoch möchte ich versuchen zu verstehen, wer und was mir hier begegnen wird. Worauf ich achten sollte und wo ich jene Menschen treffe, um die es in dieser Recherche und im zentralen Thema von Eurotours 2025 geht: die Jugend.

Während ich auf den heißen Pflastersteinen entlang gehe und die Rufe des Nachmittaggebets „Asr“ durch den Muezzin meine Gedanken begleiten, erreiche ich das Brüssel Kosovos. Ein hohes Gebäude mit EU-Flagge, das Büro der Europäischen Union im Kosovo. Gleich daneben befindet sich das Europe House, eine lokale Initiative unter EU-Vertrag, hier werden proeuropäische Events abgehalten, Informationsveranstaltungen etwa zu Austauschprogrammen angeboten, und man bietet einen Community-Space.

Engjëll und Elbasan arbeiten hier, sie geben mir Tipps, wo ich in den nächsten Tagen vorbeischauen sollte, mit wem ich unbedingt sprechen muss, und sie erklären mir, welche Themen dieser Tage besonders relevant sind. So erzählen sie etwa, dass in Umfragen die Zustimmung zur EU bei über 80 % liegt. Demnächst erwarten sie neue Ergebnisse, die zwar niedriger ausfallen könnten (etwa 70 %), aber dennoch als klares proeuropäisches Zeichen und Ja zum EU-Beitritt zu verstehen sind.

Außerdem haben junge Menschen neue Chancen, denn seit letztem Jahr gibt es Visafreiheit innerhalb der EU. Bislang konnten junge Kosovar:innen nur von der Welt lesen, nun dürfen sie diese auch erleben. Ergänzend erzählen sie von Initiativen, die den aktiven Austausch zwischen gebürtigen Kosovar:innen und umliegenden Ländern, etwa Serbien, anbieten und so den Dialog vorantreiben wollen. Unser Gespräch neigt sich dem Ende zu, als mir ein Plakat der Fotoausstellung „Lens of Youth“ ins Auge sticht. Die Bilder dazu hängen im gesamten Europe House und zeigen historische Ereignisse dieses Landes aus der Sicht der Jugend.

Es scheint also, als wären die folgenden Tage der richtige Zeitpunkt, um Europas Jugend im Kosovo zu begleiten.


INFOBLOG

Das Europe House Kosovo gibt es in Pristina und Nord Mitrovica

nähere Infos: https://www.europehouse-kosovo.com/

Schreibweise der Hauptstadt

Die Hauptstadt des Kosovo kennt mehrere Schreibweisen und jede hat ihren Hintergrund.

  • Pristina ist die gebräuchliche Form im Deutschen und Englischen, sie wird auch von EU und UNO verwendet.

  • Prishtina ist die albanische Schreibweise und spiegelt die lokale Aussprache wider.

  • Priština ist die serbische Variante mit dem Zeichen „š“.

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