Tag 5: Treffpunkt dritter Raum

Heute stehen gleich zwei Interviews auf dem Programm, das erste startet gleich in der Früh.

Offiziell hat das Youth Hub Bratislava erst ab 11 Uhr geöffnet. Katharina sperrt aber immer schon um 9 Uhr auf, Sarah kommt um 10 in die Arbeit. Die beiden Slowakinnen haben ihre Masterstudien im Kulturbereich erst vor kurzem abgeschlossen, Sarah in Bratislava, Katharina in Wien. Politische Umwälzungen seit der letzten Parlamentschaftswahl im Oktober 2023, die massive Streichungen von Förderungen mit sich brachten, führten zu einer prekären Lage der Kunst- und Kulturbranche. Die beiden sind daher enorm froh, im Youth Hub einen Job gefunden zu haben.

Eröffnet wurde dieses erste städtische Jugendzentrum erst im Mai 2024 auf Initiative der Stadtverwaltung. Bisher boten nur religiöse Gruppen oder die Bezirke zeitweise ähnliche Einrichtungen an. Hier haben junge Leute unter 30 nun einen “Third Space”, den sie selbst gestalten können oder in dem sie auch einfach nur abhängen können und keinem Konsumzwang ausgesetzt sind.

Katharina und Sarah stehen den Jugendlichen nicht nur als Ansprechpartner zur Verfügung, sondern helfen ihnen auch gerne bei der Umsetzung eigener Projektideen, wofür sie die Räume nutzen können. Die beiden erzählen mir von den Zielen junger Slowak:innen, wohin diese typischerweise zum Studieren gehen und welche Arbeitsmöglichkeiten das Land bietet. Genaueres lest ihr in meiner Reportage in der Herbstausgabe von “Das Biber”.

Die Mitarbeiterinnen des Youth Hub geben ihr Bestes, damit es sich hier wie zu Hause anfühlt.

Am frühen Nachmittag erfahre ich im WKO Außenwirtschaftscenter Bratislava, weshalb es für viele slowakische Arbeitskräfte allein schon aus rechtlichen Gründen attraktiver ist, nach Österreich zu ziehen, als grenzüberschreitend zu pendeln. Oft können schon wenige Kilometer einen erheblichen Unterschied machen. Auf die dahinterstehende Problematik werde ich in meiner Reportage konkret eingehen.

Unter der Markenbezeichnung “Advantage Austria” wird österreichischen Unternehmen, die ins Ausland expandieren, vor Ort Unterstützung angeboten.

Um 17:16 steige ich in Petržalka in den Regionalexpress und ziehe an den pastellfarbenen Plattenbauten von Tag 2 vorbei, die man über die Felder auch noch vom Burgenland aus von Weitem erkennen kann. Eine gute Stunde später erreiche ich den Wiener Hauptbahnhof. In Wien braucht man teilweise länger, wenn man einmal in einen der Außenbezirke fährt. Nach fünf Tagen zu Fuß und mit den Öffis unterwegs in Bratislava fühlt es sich echt so an, als wären die beiden Städte nicht nur “Twin Cities”, sondern irgendwie eins, gerade einmal ein paar S-Bahnstationen entfernt. Meine Reise hat definitiv mein Bewusstsein dafür geschärft, wie viel die beiden Städte eigentlich gemeinsam haben und wie viel wir voneinander lernen könnten, wenn wir uns trauen, mit den Nachbarn in Kontakt zu kommen. Schon jetzt freue ich mich auf ein Wiedersehen!

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Tag 4: Von ungewohnt bis unbewohnt