Finnland Tag 5: Beigeisterung, Verteidigung, Haltung
Heute Nachmittag wurde es dann ernst: Mit einem Militärtransporter ging es hinaus zum NASTA-Trainingslager 10 Minuten entfernt vom Hämeenlinna. Drei Tage lang trainieren hier Frauen jeden Alters für Notfallszenarien. Es geht dabei nicht um Waffen oder Schießübungen, das betonen alle sofort, sondern um praktische Fertigkeiten, die auch im Alltag nützlich sein können. Eine Gruppe übt, wie man sich in einem Blackout verhält, eine andere beschäftigt sich mit Cyber-Security und Cyber-Warfare. Wieder andere trainieren Überleben im Freien: Zelte aufstellen, Feuer machen, Nachtwachen organisieren.
Ich sprach mit der 28-jährigen Julia, die im Lager Erste Hilfe unterrichtet und vor neun Jahren freiwilligen Wehrdienst leistete. Sie sagte einen Satz, der mir nachgeht: „Ich kenne keine einzige Finnin oder keinen einzigen Finnen, die nicht ihr Land verteidigen würden.“ Verteidigung und Kampf für das Heimatland sind hier keine abstrakte Debatte, sondern tief verankert im kollektiven Gedächtnis – ganz anders als in Deutschland oder Österreich.
Eine Frau mittleren Alters erzählte mir, dass ihre Motivation darin liege, dass ihre Tochter vor einigen Jahren freiwillig Militärdienst geleistet hat. Nun wolle sie selbst erfahren, was ihre Tochter damals erlebt hat. Deutlich wird hier auch ein anderer Aspekt: Frauen-Empowerment. Es geht darum, Neues zu lernen, Fertigkeiten zu beherrschen, selbstbewusster zu werden und sich mehr zuzutrauen. „Nur wer aus seiner Komfortzone herauskommt, führt wirklich ein erfülltes Leben“, sagte mir eine Organisatorin.
Dass all das nur knapp 50 Euro kostet und vollkommen freiwillig ist, passt zu dem, was ich bisher über Finnland gelernt habe: Hier gilt Verantwortung für das Land und die Gemeinschaft als Selbstverständlichkeit. Wenn ich von der Wehrpflichtdebatte in Deutschland erzähle, werde ich ungläubig belächelt. Eine Teilnehmerin meinte schlicht: „Wir lernen mit der Muttermilch, dass wir Finnland verteidigen würden.“