Kroatien, Tag 4: Jugend als Motor

Bosnić will politisch mitgestalten: “Wenn wir heute nicht in unsere Jugend investieren, riskieren wir, eine ganze Generation zu verlieren.”

Es gibt auch die, die bleiben wollen. Einer von ihnen ist der 25-jährige Ökonom, Pejo Bosnić aus Osijek. Er interessiert sich nicht nur für die Welt der Finanzen, sondern auch „schon sein ganzes Leben lang für Politik”. Er engagiert sich in der Jugendvertretung, in Nichtregierungsorganisationen, in regionalen Kooperationsnetzwerken und in Initiativen zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit. Für ihn ist klar: Die Zukunft Kroatiens hängt davon ab, junge Menschen im Land zu halten. „Ich habe viele Freunde gehen sehen“, erzählt er. „Das war ein Wendepunkt für mich. Anstatt auch Kroatien den Rücken zu kehren, habe ich mich entschieden zu bleiben und mich für Veränderung einzusetzen.“

Er spricht von der Notwendigkeit einer „Staying Policy“, einer Politik des Bleibens. „Bevor wir über Rückkehrer aus der Diaspora sprechen, müssen wir zuerst sicherstellen, dass junge Menschen hier überhaupt Chancen sehen“, sagt er. Sie bräuchten faire Chancen: niedrigere Hürden für Gründer, steuerliche Anreize, leichteren Zugang zu Wohnraum und eine Verwaltung, die Innovation nicht blockiert, sondern unterstützt.

Besonders die digitale Kompetenz der jungen Generation sieht er als ungenutztes Potenzial. Rund die Hälfte der 18- bis 35-Jährigen habe Interesse am Unternehmertum. „Wir haben eine starke Basis an digitalen Fähigkeiten. Wenn wir diese mit Inkubatoren, Start-up-Hubs und Mentoring-Netzwerken verbinden, können wir hochwertige Arbeitsplätze schaffen.“ Jobs, die junge Menschen hier binden, statt sie zu verdrängen. In Zagreb, Split oder Osijek gebe es bereits erste Ansätze, sagt er. Diese müssen sich jedoch auf das ganze Land ausdehnen, damit nicht nur die Metropolen von dieser Dynamik profitieren.

Bosnić betont, dass die Jugend nicht nur Objekt politischer Programme sein dürfe, sondern dass sie selbst aktiv gestalten müsse. „Jeder junge Mensch kennt die Probleme seiner Straße, seiner Stadt, seiner Region. Deshalb ist es so wichtig, dass wir uns einbringen. In Jugendräten, durch Bürgerbeteiligung oder über digitale Plattformen. Es reicht nicht, diese Räte nur als Referenz im Lebenslauf zu haben. Man muss wirklich aktiv sein.“ Er selbst engagiert sich seit Jahren in Jugendräten auf regionaler und internationaler Ebene und weiß, wie wichtig die Beteiligung junger Menschen ist.

Auch persönlich plädiert er für einen bewussten Umgang mit der Frage „Gehen oder Bleiben?”. Auslandserfahrung sei zwar wertvoll, aber kein Ersatz für das Engagement vor Ort. „Natürlich ist es gut, ins Ausland zu gehen, um Erfahrungen zu sammeln, neue Fähigkeiten zu erlernen und Netzwerke aufzubauen. Aber dann gilt es zu überlegen, wie man dieses Wissen zu Hause einsetzen kann.“ Laut Bosnić sind nicht umsonst größere Städte wie Split oder Zadar und vor allem Küstenregionen Hotspots für digitale Nomaden geworden. Das Land habe viel zu bieten: Sicherheit, Natur („Wir haben Berge, wir haben Küste, wir haben ländliche Regionen“), Kultur und Lebensqualität. Es lohne sich, beharrlich zu sein und langfristig an die Chancen der Region zu glauben.

Was er sich von der Politik wünscht? „Handelt! Investiert in Bildung, Innovation und Start-ups. Bekämpft die Korruption und gebt jungen Menschen echte Mitbestimmung statt Alibi-Beteiligung. Wenn wir heute nicht in unsere Jugend investieren, riskieren wir, eine ganze Generation zu verlieren. Und mit ihr die Chance, Kroatien neu aufzubauen.“

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Tag 3: “Woanders kann ich mehr ich selbst sein”