Madrid,Tag 1: Lebendige Straßen und feministisches Recht
Auf den breiten, belebten Gehsteigen neben orange-braunen Ziegelgebäuden tummeln sich Menschen in Arbeitskleidung, Kinder mit Rucksäcken und Pensionist*innen. Frischer Churroduft gemischt mit Autoabgasen liegt in der Luft. Mein erster offizieller Tag als Eurotours-Reporterin - nach meiner Anreise am Samstagabend - begann gestern auf der pulsierenden Calle de Bravo Murillo im Norden Madrids, da wo sich auch mein Hotel befindet. Noch vor dem Frühstück bin ich losgegangen, um durch die Straßen des vielfältigen Stadtteils Tetuán zu spazieren und mir an einem der Stände eine Zeitung zu kaufen - mehr aus Interesse, als aus der Überzeugung, die Artikel mit meinen limitierten Spanischkenntnissen tatsächlich vollständig zu verstehen. Aber ich bin ja nicht hier, um Spanisch zu lernen, sondern, um mir die progressiven spanischen Maßnahmen zur Bekämpfung von (sexueller) Gewalt gegen Frauen anzuschauen.
Zeitung “El Pais”, die ich mir am Kiosks gekauft habe
“Solo sí es sí”: Sexualstrafrecht nach dem Konsensprinzip
Um E-Mails zu beantworten, ein Interview mit Laura López Navarro, der Sekretärin der „Federación Mujeres Jóvenes“, zu transkribieren und letzte Details meiner Recherchereise zu planen, habe ich mich nach dem Frühstück im Hotel in ein kleines spanisches Café in der Nachbarschaft gesetzt. Nach ein paar Stunden, einem Schokocroissant und zwei „Café con Leche“ später, habe ich dann begonnen, mich auf ein Interview mit der spanischen Rechtswissenschaftsprofessorin und Philosophin Tasia Aránguez Sánchez von der Universität Granada vorzubereiten.
Denn in den nächsten Tagen werde ich mich vor allem mit dem „Solo sí es sí“, also dem „nur ja heißt ja“-Gesetz, beschäftigen, das bei sexuellen Gewaltverbrechen seit 2022 nach dem Konsensprinzip agiert. Das bedeutet, dass sexuelle Handlungen nur dann als einvernehmlich gelten, wenn auch eine ausdrückliche – verbale oder körperliche – und freiwillige Zustimmung vorliegt. Anders ist es derzeit in Österreich, wo das “Nein heißt nein Prinzip” gilt. Um zu verstehen, welche Veränderungen die Einführung des Gesetzes in Spanien gebracht hat und warum das Gesetz so viele Kontroversen ausgelöst hat, habe ich gestern Nachmittag mit Tasia Aránguez Sánchez - die sich selbst als Feministin bezeichnet - gesprochen. Leider, mussten wir unser Gespräch aus zeitlichen und räumlichen Gründen online führen. Hilfreich und wertvoll, um die Komplexität des Gesetzes und dessen Folgen zu verstehen, war es aber allemal. Besonders wichtig war es Aránguez Sánchez, zu betonen, dass die Entstehung von „Solos sí es sí“ nur durch vorangegangene feministische Proteste möglich war.
Interview mit Rechtswissenschaftlerin Tasia Aránguez Sánchez
Deshalb bin ich nun umso gespannter auf mein Treffen heute Abend mit der Präsidentin der “Federacíon de Mujeres Jóvenes de Madrid”, also einem feministischen Verband junger Frauen. Ihr hört bald wieder von mir. Bis dahin: ¡Adiós y hasta luego!