Tag 2 in Podgorica: Zwei Stühle, zwei Welten
Heute habe ich auf einem der wohl schwersten Stühle des Landes Platz genommen – im wörtlichen wie im übertragenen Sinn. Schon der Weg dorthin hatte etwas Feierliches: die massive Eingangstür, die Registrierung, Body- und Bag-Scan, das Abgeben meines Handys, dann die Wartezeit im Empfangsraum. Erst nach zwanzig Minuten öffnete sich der nächste Raum, und ich durfte eintreten. Eine kleine Gruppe junger Menschen wartete bereits vor dem Büro des Präsidenten.
Das Büro von Jakov Milatović, Präsident von Montenegro, ist groß, geräumig, mit Platz für Begegnung und Diskussion. Hier sprach ich mit ihm über seine Vision für das Land, seine positive Haltung zur EU, die Relevanz politischer Teilhabe junger Menschen und die Rolle von Scholarships.
Wir diskutierten Fragen wie: Welche Initiativen sind geplant, um junge Menschen zu unterstützen? Wie kann verhindert werden, dass junge Fachkräfte abwandern? Wo liegen die größten Herausforderungen? Ich habe zuvor Teile der Youth Strategy 2023–2027 gelesen, daher interessierte mich besonders: Welche konkreten Maßnahmen sollen die Jugendarbeitslosigkeit senken? Und: Wie stärkt die Regierung die politische Beteiligung der Jugend? Schließlich erzählte er auch, welche politischen Führungspersönlichkeiten er am meisten bewundert – dazu aber bald mehr im ausführlichen Bericht in “Die Presse”.
Kleines Land, großer Stolz
Besonders deutlich wurde seine Haltung in Bezug auf Europa: Milatović betonte mehrfach, dass der EU-Beitritt Montenegros zu den zentralen Zielen seiner Amtszeit gehört. Für ihn ist die europäische Perspektive nicht nur ein geopolitisches Projekt, sondern auch eine Chance für junge Menschen, in ihrem Heimatland Zukunft zu sehen – durch mehr Stabilität, wirtschaftliche Entwicklung und internationale Vernetzung. Die EU, so sein Tenor, sei für Montenegro weniger ein fernes Ideal als vielmehr ein konkretes Versprechen, das er aktiv vorantreiben will.
Nach diesem Gespräch wechselte ich den Stuhl: vom gewichtigen Sessel des Präsidenten in den leichten Café-Sessel, dort, wo sich junge Menschen treffen, Ideen austauschen und neue Arbeitsplätze entstehen. Der Kontrast könnte größer nicht sein – und doch verbindet beide Sitze etwas. Sie sind Orte der Gegenwart. Ob man den Lauf eines Landes mitgestaltet oder einen Cappuccino genießt – in beiden Momenten entscheidet man, wie man seinen Platz füllt. Mit Ernst oder mit Leichtigkeit, mit Verantwortung oder Genuss.