Tag 1: Sveiki Lietuva!

Der heutige Tag startet für mich ungewöhnlich früh – nämlich kurz nach halb 5 am Bahnsteig Spittelau. Mit der ersten U4 und anschließend der S-Bahn geht es zum Flughafen, wo um 7:05 mein Flug nach Vilnius abhebt. Eigentlich. Denn schon auf dem Weg dorthin zeichnet sich ab, dass das vor 8 Uhr nichts wird. Da für heute noch keine Interviews angesetzt sind, hält sich mein innerlicher Stress zum Glück in Grenzen. Eineinhalb Stunden und zwei Gate-Wechsel später geht es dann endlich los, der herrliche Blick von oben auf die Seen und Wälder Litauens macht die Strapazen des Morgens schnell wieder wett.

Der frühe Vogel fängt die erste U4

Im Herzen Europas

Angekommen in Vilnius, setze ich mich erst einmal in ein Café und überbrücke die Zeit bis zum Check-in im Hotel mit einem Matcha-Latte und einem Matcha-Kuchen (der doppelte Koffein-Kick war dringend notwendig!). Mein Hotel befindet sich in der Altstadt, direkt neben dem Präsidentenpalast. Kaum zu übersehen prangt dort der riesige Schriftzug #MesNATO, zu deutsch #WeAreNATO, vor dem Eingang. Obwohl Litauen am östlichen Rand der EU liegt – Vilnius etwa ist nur rund 40 Kilometer von der belarussischen Grenze entfernt – spürt man hier in den Straßen ein starkes Bekenntnis zur Europäischen Union und den westlichen Bündnispartner:innen.

Fun Fact für Zwischendurch: Expert:innen des französischen Geographieinstituts berechneten 1989 den geographischen Mittelpunkt Europas (von Spitzbergen bis zu den Kanarischen Inseln bzw. von den Azoren bis zum Uralgebirge). Ihnen zufolge liegt dieser ein wenig nördlich von Vilnius, in einem Dorf namens Purnuškės – ich befinde mich hier also im wahrsten Sinne des Wortes im Herzen Europas.

Mit dem Schriftzug #WeAreNATO setzt Litauen ein deutliches Zeichen gegen Russland

Am Nachmittag bereite ich mich auf den morgigen Tag vor. Diesen werde ich hauptsächlich an der Vilnius Tech Universität verbringen, wo es seit 2021 das Bachelorstudium Artificial Intelligence Systems gibt. Im vergangenen Herbst sind zudem zwei weitere KI-Masterstudien dazugekommen. Neben Gesprächen mit Studierenden steht auch ein Interview mit zwei Professor:innen an, die mir mehr über Litauens KI-Strategie und die Entwicklungen der letzten Jahre erzählen werden.

Eine Stadt mit vielen Gesichtern

Nach einem kurzen Nachmittagsschläfchen entscheide ich mich, den restlichen Tag noch ein wenig für Sightseeing zu nutzen – so wie es aussieht, werde ich in den kommenden Tagen nämlich nicht mehr allzu oft dazu kommen. Ich schlendere noch ein wenig durch die Altstadt und spaziere anschließend zum Gediminas-Turm hinauf, einem der Wahrzeichen der Stadt. Im Inneren des Turms befindet sich eine Ausstellung zur Geschichte des Landes, die mir einen tieferen Einblick in Litauens Kämpfe um Unabhängigkeit gewährt und die enge Verbindung zu Estland und Lettland, aber auch dem westlichen Nachbarland Polen erklärt.

Nicht zuletzt bietet der Gediminas-Turm einen wunderschönen Ausblick auf die Stadt und den Sonnenuntergang. Hier werden auch die vielen verschiedenen Einflüsse sichtbar, denen Litauen über die Jahrhunderte hinweg ausgesetzt war. Von oben lassen sich etwa die vielen Kirchen erkennen, mehr als 50 gibt es davon in ganz Vilnius – weshalb die Stadt auch den Beinamen „Rom des Ostens“ trägt. Tatsächlich versprühen die roten Dächer und barocken Bauten ein wenig italienischen Flair. Nördlich des Flusses Neris dagegen dominieren moderne Hochhäuser, in deren Glasfassaden sich die untergehende Sonne spiegelt. Mit diesem schönen Bild vor Augen mache ich mich wieder auf den Rückweg ins Hotel. Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt, was die kommenden Tage alles für mich bereithalten werden!

Abendstimmung in Vilnius

Weiter
Weiter

Tag 1: Aufbruch in die Niederlande