Tag 1: Ein letzter Sommertag in Budapest
Unser Reisetag beginnt früh, am Wiener Hauptbahnhof. Mit Anker-Sackerln bepackt steigen wir in den alten Waggon des ungarischen Zuges. Die Fahrzeit wird mit Interviewvorbereitung, einer Runde GTA Vice City auf der Switch und Kartenspielen überbrückt, nach zwei Stunden taucht am Fenster die Vorstadt von Budapest auf.
Erst einmal fahren wir mit der Straßenbahn in die falsche Richtung, dann finden wir schließlich doch unser Hotel. An diesem warmen Spätsommertag spazieren wir durch pittoreske Gassen, vorbei an Jugendstil-Fassaden, aber auch an mehreren Trauerorten für Charlie Kirk. Vor einem davon kommen wir mit einem New Yorker Touristen ins Gespräch, der auch in Europa nicht von amerikanischen Kulturkämpfen verschont bleibt
Ein Trauerort für Charlie Kirk in Budapest.
Foto: Max Herbst
Im Stranger Café treffen wir den Politologen Zoltán Ranschburg. Das WLAN-Passwort des Lokals heißt „Donttalk2Strangers“, aber wir tun genau das – und sind froh darüber. Ranschburg zeichnet mit leichter Hand ein Panorama ungarischer Politik und liefert Material für weitaus mehr als einen Bericht.
Zoltán Ranschburg im Rahmen eines Interviews in Budapest.
Foto: Max Herbst
Wenig später empfängt uns Amnesty International Hungary. An der Tür: Eszter Mihály mit Bobby, einem wuscheligen Hund, der das Interview mit seiner Zugewandtheit und gelegentlichen Flatulenzen auflockert. Im Gespräch mit Eszter wird schnell klar, wie sehr die Arbeit von NGOs in Ungarn erschwert wird, insbesondere wenn sie sich für die Rechte der LGBTQ+ Community einsetzen. Viel dreht sich um Gesetzestexte und bürokratische Hürden, die das Feld oft abstrakt wirken lassen. Doch als Eszter von queeren Jugendlichen spricht, die heute in Ungarn aufwachsen, bricht die Distanz. Als sie erklärt, wie vulnerabel diese Gruppe ist, schluckt sie schwer und blickt zu Boden. Von der Generation Zuversicht ist in diesem Moment wenig zu spüren. Zu sehr wiegt die Sorge, dass eine ganze Generation lernt, Angst zu haben.
Eine Pride-Fahne an einer Hausfassade in Budapest.
Foto: Max Herbst
Morgen wollen wir genau da weiterfragen: Wir treffen ein junges, queeres Paar, das uns von seinem Alltag in Ungarn erzählen wird. Von ihren Erlebnissen am Land und in der Großstadt. Wir besuchen Orte, an denen die queere Community in Budapest sichtbar wird. Vielleicht zeigen sich dort andere Facetten – Momente von Stärke, Zusammenhalt und Zuversicht.