Tag 2: Die große Wohnungskrise in Irland

Sandra Gloning, Irland, von 10.9.-14.9.2025

Während eines Spaziergangs durch die Innenstadt von Galway erzählt die Studentin Johanna, wie schwer es hier ist, eine Wohnung zu finden. WG-Zimmer gehen zum Teil für tausend Euro weg, immer wieder werden Student:innen bei ihrer verzweifelten Suche nach Wohnraum hereingelegt und Opfer von Betrüger:innen. Der Grund: Die Verzweiflung ist groß. Diese Woche hat das Studium wieder begonnen, und noch immer sind viele Student:innen auf der Suche nach Unterkunft. Rund ein Drittel der Einwohner:innen Galways sind Studierende.

Irland ist in der EU das drittteuerste Land in Bezug auf die Lebenshaltungskosten. Vor mehr als zwanzig Jahren hat sich der Staat aus dem sozialen Wohnbau zurückgezogen und erwartet, dass der Markt das Problem regelt – und in gewisser Weise hat er das auch, wenn auch nicht wie gewünscht. Denn das bedeutet, dass es fast nur noch für sehr wohlhabende Menschen möglich ist, ein leistbares Zuhause zu finden.

Und das macht etwas mit den jungen Menschen hier: Die Sorgen sind groß, der Blick in die Zukunft eher pessimistisch. Laut dem neuesten Bericht des irischen Statistikamts (CSO) aus der Langzeitstudie „Growing Up in Ireland“, die junge Menschen von der Kindheit bis ins Erwachsenenalter begleitet, lebt ein erheblicher Teil der befragten 25-Jährigen nicht mehr im Land: Rund 12,7 Prozent der ursprünglich kontaktierten Teilnehmer:innen sind bereits ausgewandert und wurden daher nicht weiter befragt.

Die aktuellen Ergebnisse beziehen sich also ausschließlich auf jene, die weiterhin in Irland wohnen. Sieben von zehn der jungen Menschen mit 25 Jahren leben noch bei ihren Eltern. Unter ihnen gaben 62,4 Prozent an, dass sie dies vor allem aus finanziellen Gründen tun; weitere 22,9 Prozent nannten teilweise finanzielle Gründe. Fast alle äußerten große Sorgen über gesellschaftliche Themen: 97,7 Prozent über die angespannte Wohnsituation, 94,2 Prozent über Armut, 87,4 Prozent über Rassismus und 85,1 Prozent über den Klimawandel.

Was bedeutet das für den Arbeitsmarkt und die Gewerkschaften in Irland? Und welche Maßnahmen werden gefordert? Niall Shanahan, Direktor der Medienarbeit von Forsa, der zweitgrößten Gewerkschaft Irlands, spricht mit mir darüber. Mehr dazu morgen.

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