Tag 4 in Montenegro: Ambition und Aufbruch: Junge Stimmen von der UDG

Heute war mein Tag ungewöhnlich früh gestartet: Der Wecker klingelte um sieben, um acht machte ich mich auf den Weg zur UDG (University of Donja Gorica). Ich wollte mehr über die Uni erfahren und habe sieben Studierende getroffen – von Bachelor- und Masterstudierenden bis hin zu Promovierenden. Die Gespräche lieferten viele Einblicke in ihr Leben, ihre Werte und ihre Hoffnungen

Die University of Donja Gorica (UDG) wurde 2007 gegründet und ist eine private Hochschule in Donja Gorica, einem Vorort von Podgorica. Sie bietet zahlreiche Fakultäten, Bachelor-, Master- und PhD-Programme, und beschäftigt eine Vielzahl von Lehrenden, Forschenden und Professoren.

Im Gespräch mit Studierenden der UDC.

Beim Treffen erzählten mir die Studierenden von ihrem Aufwachsen und davon, was sie aktuell bewegt. Viele haben große Ambitionen: Sie wollen das Land voranbringen, positive Änderungen bewirken oder im Ausland bessere Verdienstmöglichkeiten finden. Politik im klassischen Sinn sehen die meisten skeptisch: sie beklagen, dass viele Regierungsmitglieder selbsternannt sind, fragwürdige Ausbildungen haben und nicht aufgrund ihrer Fähigkeiten kommen - sondern durch Beziehungen oder Verwandtschaft. Korruption gilt als weit verbreitetes Hindernis, gerade auch in der lokalen Politik.

Ein wichtiges Thema in unseren Gesprächen war, wie sich die Jugend ignoriert fühlt – ihre Beschwerden werden nicht gesehen oder ernstgenommen. Ein aktueller Auslöser war der Anschlag am 1. Januar 2025 in Cetinje, bei dem 13 Menschen getötet wurden. Die Reaktion der Studierenden war Protest – sie forderten Rücktritte von Verantwortlichen, stärkere Sicherheit, bessere Kontrolle über Waffen, und insgesamt mehr Verantwortlichkeit staatlicher Institutionen. Die Regierung habe dazu kein Wort verloren, beklagen sie. 

In Podgorica spielt Religion eine wichtige gesellschaftliche Rolle: Die Mehrheit der Bevölkerung gehört der serbisch-orthodoxen Kirche an, daneben sind islamische und katholische Gemeinschaften präsent – sichtbar etwa durch Moscheen, Kirchen und religiöse Feiertage, die das städtische Leben und die kulturelle Identität prägen.

In unseren Gesprächen kamen auch traditionelle Werte und kulturelle Identitäten zur Sprache, ebenso wie große Unsicherheit angesichts der Zukunft. Es besteht wenig Vertrauen in politische Institutionen; viele beklagen, dass Gesetze und Regeln zwar existieren, aber nicht konsistent zum Schutz der Bürger umgesetzt werden. Einige äußerten auch Kritik an der Europäischen Union – nicht grundsätzlich, aber in Bezug auf Datenschutz und Bargeld beispielsweise. 

Ein zentrales Streben richtet sich nach Sicherheit und Freiheit. Doch, wenn diese Faktoren nicht einmal in der EU zu finden sind, wo dann?

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