Thessaloniki: Ankommen in einer jungen Stadt

Von Milena Österreicher

Von der Uferpromenade aus erspäht man die Konturen des Olymp: In der griechischen Mythologie ist er der Sitz der Göttinen und Götter.

Wenn man in Thessaloniki am frühen Abend die Uferpromenade entlangspaziert, liegt ein ganz eigener Rhythmus in der Luft. Die Sonne sinkt hinter den Thermaischen Golf. Die Cafés füllen sich mit Stimmengewirr. Eine Gruppe junger Leute breitet ihre Jacken auf der Wiese neben der Promenade aus. Eltern schieben Kinderwägen über den breiten Kai. Tourist:innen fotografieren die Schiffe am Horizont.

Thessaloniki war ein Schnittpunkt wichtiger jahrtausendealter Verkehrsrouten - etwa der Via Egnati, die die Adriaküste mit dem Bosporus verband - und damit auch ein kultureller Schmelztiegel. Bis heute findet man verschiedenste Einflüsse in der Stadt.

Mit knapp 320.000 Einwohner:innen im Kern und über einer Million im Ballungsraum ist Thessaloniki die zweitgrößte Stadt Griechenlands. Gegründet wurde sie 315 vor Christus vom makedonischen König Kassander, benannt nach seiner Frau Thessalonike. Seither war sie Durchgangsstation, Handelsplatz, Hafenmetropole und ein Schmelztiegel der Religionen, der Sprachen, der Geschichten. Heute noch spiegelt sich dieses Erbe in den byzantinischen Kirchen, den osmanischen Bauten und den jüdischen Spuren wider, die zwischen modernen Fassaden hervorschauen.

Zwischen Wohnhäusern stößt man auf die historische Bauten, die bis heute das Stadtbild prägen.

Doch die lange Geschichte ist nur die Kulisse. Auf der Bühne von heute spielt eine andere Hauptrolle: die Jugend. Thessaloniki zieht junge Menschen an wie kaum eine andere Stadt Griechenlands. Darunter zahlreiche Studierende: Rund 100.000 sind allein an der Aristoteles-Universität eingeschrieben, die größte Uni Griechenlands und des Balkans. Dazu kommen die Universität von Makedonien, die Internationale Hellenische Universität und diverse Fachhochschulen.

Wer an diesem Spätsommerabend am Aristoteles-Platz vorbeikommt, merkt es: Die warme Luft ist erfüllt von Lachen, von Skateboardrollen, von improvisierten Gitarrenklängen. Die Jugend verleiht dieser Stadt nicht nur ein Gesicht, sondern auch eine Stimme.

Bus-Ticket vom Flughafen ins Stadtzentrum.

Doch hinter dieser Lebendigkeit steckt auch eine harte Realität. Anfang 2024 lag die Arbeitslosenquote in Griechenland bei knapp elf Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit war fast doppelt so hoch. Unter den 25- bis 34-Jährigen ist fast jede vierte Person ohne Job. Viele junge Absolvent:innen finden sich in befristeten Jobs mit niedrigen Löhnen wieder.

Dazu kommt der Druck auf dem Wohnungsmarkt: Die Mieten steigen, während die Einkommen stagnieren. Viele bleiben bei den Eltern wohnen, manche drängen sich in überfüllte WGs, andere weichen in die Vororte aus. Thessaloniki ist jung – aber ihre Jugend muss kämpfen, um Raum zum Wohnen und für ihr Leben zu finden. Wie sie das tut, werde ich in den nächsten Tagen herausfinden.

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Wie junge Menschen ihre Zukunft sehen