Tag 3: Ferien bei der Armee
Etwa 1,5 Stunden fahren wir mit dem Auto von Białystok zu einer Tankstelle in der Nähe von Suwałki. Eine Soldatin wartet dort auf uns und bringt uns mit ihrem Geländewagen zu einer nahe gelegenen Schießanlage. Wir dürfen heute bei einem Tag von „Wakacje z Wojskiem“ dabei sein: Ferien bei der Armee. Es handelt sich dabei um einmonatige Schnupper-Bootcamps, mit denen man vor allem junge Menschen, die gerade die Schule abgeschlossen haben oder Student*innen in der vorlesungsfreien Zeit ansprechen will. Landesweit finden diese Camps, angestoßen vom Verteidigungsministerium, bereits in der zweiten Ausgabe statt. Einzelne Militäreinheiten haben ähnliche Angebote jedoch bereits zuvor organisiert.
Die etwa 100 Teilnehmer*innen des Camps verbringen ihren Monat eigentlich beim 18. Łomżyński Pułk Logistyczny, also dem 18. Logistikregiment in Łomża, das mit dem Auto etwas eine Stunde westlich von Białystok liegt. Heute wurden die jungen Teilnehmer*innen bereits um 4:30 aufgeweckt, um, aufgeteilt auf zwei Busse, nach Suwałki zur Schießübung zu fahren. Etwa dreimal in den vier Wochen findet so ein Schießtrainingstag statt.
Dass wir überhaupt dabei sein können, geht auf eine langwierige Vorarbeit zurück. Am Telefon hat man uns erklärt, dass die Auflagen für Medien, um militärisches Gelände betreten zu dürfen, aus Gründen der Spionageabwehr zuletzt noch verschärft wurden. Oft wurden wir von Vorgesetztem zu Vorgesetzter weitergeleitet, bis wir das Gefühl hatten wir werden im Kreis herumgeschickt; mussten immer wieder nachtelefonieren und ständig von Neuem erklären, worum es in unserer Geschichte geht und was wir eigentlich genau vorhaben. Dass unsere Akkreditierung bei „Wakacje z Wojskiem“ in Łomża schließlich durchging, konnten wir selbst erst glauben, als wir dann tatsächlich vor Ort gestanden sind. Bei anderen Einheiten, mit denen wir in Kontakt waren, hat ein Besuch aus verschiedenen Gründen nicht geklappt.
Wir dürfen mit zwei Leitern des Camps sprechen und auch eine Gruppe junger Teilnehmer*innen wird uns vorgestellt. Die Gesprächspartner sind vorausgewählt, bestimmte Themen dürfen wir nicht ansprechen, Fotos werden uns zur Verfügung gestellt. Gerade die beiden Camp-Leiter sind sehr vorsichtig im Gespräch, wägen jedes Wort ab, wollen möglichst technisch bleiben.
Wir interviewen die Teilnehmer*innen im Stehen, während des Gesprächs haben sie weiterhin ihre Waffen umgeschnallt. Dennoch entsteht beim Reden eine gewisse Natürlichkeit, wir erfahren etwas über ihre Ansichten und Motivationen, ihre Erfahrungen der letzten Wochen im Camp. Natürlich würden wir gerne in einem weniger choreografierten Setting mit ihnen sprechen, gleichzeitig haben wir uns vom Militär auch einen gänzlich ungefilterten Einblick gar nicht erwartet. Aber zumindest bekommen wir einen Eindruck.
Die Soldatin, die uns von der Tankstelle abgeholt hat, führt uns dann noch über das Gelände. Wir dürfen bei den Schießübungen zusehen, anschließend fährt sie uns wieder zurück. Reichlich szenisches Material für eine Reportage.
Zwei Magazine darf ein*e Teilnehmer*in verschießen, wenn er*sie an die Reihe kommt.