Zypern, Tag 3: Eine ungünstige Zeit
Es ist Tag drei und niemand meiner geplanten Interviewpartner:innen von offiziellen Stellen hat mir bisher geantwortet. Schön langsam bin ich ein bisschen gestresst. Also geh ich ins Museum of the National Struggle, um dort persönlich nachzufragen. Öffnungszeiten eigentlich: 8 bis 14.30. Ich gehe absichtlich erst gegen 11 hin, wohlwissend, dass man es Zypern nicht so genau mit Öffnungszeiten nimmt. Ich stehe vor geschlossenen Türen mit einem Schild daran: Öffnungszeiten 8 bis 14.30. Österreich könnte sich vielleicht nicht alles, aber doch ein bisschen was von der zypriotischen Gelassenheit abschneiden, denk ich mir.
Ich gehe also weiter zum Grenzübergang in Nikosia – heute geht´s für mich weiter in den Norden, nach Kyrenia (Türkisch: Girne). Am Grenzübergang wird mein Pass gleich zweimal kontrolliert: einmal an der griechischen und einmal an der türkischen Seite. Ich hol mir Türkische Lira vom Bankomaten und eine Simkarte – weil Nordzypern nicht Teil der EU ist, hab ich hier kein Internet – und ohne das wär ich hier wirklich schnell verloren. Mit einer Dose Cola um 60 Cent spaziere ich dorthin, wo ich die Bushaltestelle vermute. Ich muss mich ein bisschen durchfragen – Buspläne gibt´s hier nämlich keine, auch Googlemaps weiß nichts über (nord)zypriotische Buszeiten oder Haltestellen. Schon bald kommt aber ein Van, dessen Fahrer ich noch einmal frage, ob er auch wirklich nach Kyrenia fährt, um mich zu vergewissern. „Girne“, bessert er mich grimmig aus. Wieder einmal ein Beweis dafür, wieviel Sprache ausmacht.
Einer der Grenzübergänge, über die man auf “die türkisch besetzte Seite” kommt (wenn man einen griechischen Zyprioten fragt. Fragt man einen türkischen, ist es die “Republik Nordzypern”.
In Girne angekommen und im Hotel eingecheckt, setze ich mich in ein Café – wieder einmal bin ich dort die einzige Kundin. Es gesellt sich aber ein junger Kater zu mir, der sich gerne streicheln lässt. Ein Kellner um die 20 bringt mir meinen Eiskaffee. „Can I ask you a question?“, frage ich ihn gleich. „Are you here from the North of Cyprus?“ Ist er nicht – er kommt aus der Türkei, lebt aber schon seit vielen Jahren hier, um zu studieren. Auf die Frage, ob er schon einmal auf der griechischen Seite war, antwortet er: „I am not allowed to go there. Turkish people can´t go, only turkish cypriots can go since a few years“, erklärt er mir. Auf die Frage, ob er mehr über die politischen Spannungen weiß und ob er gerne hinüber reisen würde, ist er vage und weicht aus – er müsse jetzt weiter arbeiten gehen. Schade, aber nicht der erste, der so reagiert.
Im Café telefoniere ich noch mit einer Interviewpartnerin: „I think it´s a bit of a sensitive time to raise that question - due to the current political situation about what´s going on in the region“, sagt sie, und spricht das aus, was ich schon seit Tagen im Gefühl hatte. Es ist kein Zufall, dass sich Interviewpersonen einfach nicht mehr melden, oder mir gar nicht erst antworten.
In Nordzypern gibt es neben Katzen auch noch viele Hunde, die von den umliegenden Restaurants gerne gefüttert werden.