Mit dem Nachtzug nach Sibiu

Die Recherchereise nach Rumänien beginnt im Nachtzug EuroNight 346 von Wien nach Bukarest. Da der Zug noch einen Anschluss abwarten muss, fährt er bereits eine viertel Stunde später von Wien ab. Das macht bei einer Fahrtzeit von insgesamt 17,5 Stunden aber keinen großen Unterschied. Das Schlafwagenabteil ist gemütlich und hat im absperrbaren Raum sogar ein eigenes Waschbecken. Der Zugbegleiter kommt vorbei und nimmt allen Passagieren ihre Tickets ab.

Ein Bahnhof auf dem hinteren Gleis steht ein Zug. Im Vordergrund ist eine Reihe roter Sessel zu sehen

Anschluss in Medias gerade noch erreicht - Verspätungen werden einfach weitergegeben.

Die Nacht verläuft ruhig und ich bekomme genügend Schlaf. Bis es um 3 Uhr Nachts plötzlich an allen Türen klopf. Der Zug steht um diese Uhrzeit in Biharkeresztes an der ungarisch-rumänischen Grenze. Eine ungarische Grenzbeamte kontrolliert die Pässe der Reisenden. Die Kontrolle ist gleich erledigt und ich schlummere recht schnell wieder ein. Ein Fehler, denn nicht einmal eine Stunde später, werde ich erneut geweckt – vom Klopfen eines rumänischen Grenzbeamten, der mir zunächst den Personalausweis abnimmt, aber nach etwa 15 Minuten wieder zurückbringt. Am Rande des Schengenraums wird eben gleich doppelt kontrolliert. Denn trotzt Empfehlung der EU-Kommission verfügt Rumänien immer noch nur über einen Sonderstatus im Schengenraum, wegen dem österreichischen Veto gegen den Schengen-Beitritt im Dezember 2022.

Auch nach dieser Kontrolle schaukelt mich das rhythmische Rattern über die Gleise wieder in den Schlaf. Nur manchmal werde ich wach, nachdem der Zug stark abbremst und ich das Gefühl habe gegensteuern zu müssen. Um sieben Uhr wache ich dann endgültig auf und schaue zunächst lange aus dem Fester. Dörfer, Äcker und Brachlandschaften ziehen vorbei. Irgendwann kommt ein Mann mit einem Tablett voll Kaffee vorbei, zahlbar mit Lei oder Euro.

Unruhig werde ich erst, als ich in Cluj Napoca die geplante Ankunftszeit mit der tatsächlichen Uhrzeit vergleiche. Über eine Stunde Verspätung – da wird sich trotz der langen Umstiegszeit von einer Stunde der Anschlusszug von Medias nach Sibiu nicht ausgehen. Etwa eine halbe Stunde vor Medias kommt der Zugbegleiter zu mir und gibt mir mein Ticket zurück. Ich sage ihm, dass ich den Regionalzug nach Medias erwischen müsste. Er verschwindet, kommt nach ein paar Minuten zurück und gibt mit zu verstehen, dass das knapp werden könnte.

Doch in Medias die Erleichterung: Der Zug steht 20 Minuten nach seiner eigentlichen Abfahrtszeit noch am Gleis und wartet offensichtlich auf den Nachtzug, bevor er abfährt. Was für ein Glück. Wie ich dann jedoch von einer netten Mitfahrerin im Zug erfahre, muss das nicht einmal zusammenhängen. In Rumänien würden regelmäßig Züge später abfahren, sagt sie. Manchmal sei die Ursache einfach nicht bekannt – jedenfalls werden die Fahrgäste nicht darüber informiert. Das scheint auch niemanden zu stören. Sie plane immer mehr Zeit ein, wenn sie mit dem Zug fahre. Nach knapp zwei Stunden komme ich in Sibiu an und mache mich zu Fuß erst mal auf den Weg zum Hotel.

Der Bahnhof von Sibiu

Der Bahnhof in Sibiu ist eine Zugfahrt von rund 18 Stunden von Wien entfernt.

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Der 2. Tag – oder sind wir doch schon eine Woche unterwegs?

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“Veränderung kommt nicht über Nacht”