Erste Eindrücke aus Sofia: Die zwei Seiten Bulgariens

Bulgarien ist immer noch das ärmste EU-Mitglied. Die Korruption ist hoch, innerhalb von zwei Jahren fanden fünf Parlamentswahlen statt.

Ein Wohngebiet in Sofia. Mehrere hohe Mehrfamilienhäuser sind zu sehen

Andererseits steigen langsam die Löhne, die Wirtschaft wächst, die Arbeitslosigkeit ist relativ gering.  Es herrscht sogar Fachkräftemangel in einigen Branchen. Die neue Regierung hat angekündigt, auf Innovation setzen zu wollen. Bulgarien soll kein Niedriglohn-Land mehr sein.

Großer Outsourcing-Sektor

Derzeit arbeiten aber noch und 89.000 Bulgar:innen im sogenannten Outsourcing-Sektor. Also in Jobs, die Aufträge – welche auch immer - für ausländische Firmen ausführen. Bulgarien lockt ausländische Firmen vor allem mit niedrigen Löhnen und niedrigen Steuern.

Aber eben nicht nur: Viele Bulgar:innen sprechen Englisch und/oder Deutsch, die sogenannten MINT-Fächer genossen schon zu Kommunismus-Zeiten einen hohen Stellenwert. Und was sofort auffällt – Bulgarien hat verdammt schnelles Internet, schon früh begann man hier mit dem Glasfaser-Ausbau.

Niedrige Kosten, gute Ausbildung und zumindest teilweise gute Infrastruktur sind es also, die Bulgarien für den Outsourcing-Sektor attraktiv machen.

In diesem Spannungsfeld findet meine Recherche in Bulgarien statt: Man will kein Niedriglohn-Land mehr sein, doch Bulgariens Wirtschaft und vor allem die Menschen leben zu einem großen Teil davon.

Auch Kundenservice wird ausgelagert

Einen Teil dieses Sektors machen auch sogenannte Call Center aus. Den will ich mir in den kommenden Tagen beispielhaft genauer ansehen.

Eine Straße in Sofia. Es sind eineige Hochhäuser und ein modernes verglastes Hochhaus zu sehen

Was viele nicht wissen: Auch der deutschsprachige (oder französisch-, oder englischsprachige) Kundenservice wird oft ausgelagert. Es kann also sein, wenn Sie fragen zu ihrem Handyvertrag, Flugticket oder sonst einem Produkt haben, dass Sie in Bulgarien landen – ohne es zu wissen. Oder in Zukunft noch mehr mit Chat Bots oder künstlicher Intelligenz zu tun haben.

Was das mit den Plänen der bulgarischen Regierung zu tun hat, und für die rund 89.000 Menschen im Outsourcing-Business bedeutet, das werde ich in den kommenden Tagen hören.

Heute habe ich mit Philippe Kupfer, Leiter des Außenwirtschaftscenters der Wirtschaftskammer Österreich in Sofia, die ökonomischen Hintergründe besprochen – danke für die spannenden Einschätzungen!

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Reise in die Vergangenheit 

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